2 Berichte der Nachrichtenagentur AFP
Humor als Schwimmring im Alltag
- Kongress widmet sich heilsamem Aspekt des Lachens
- In 40 Lachclubs kämpfen Deutsche gegen Humorlosigkeit
Von Fabien Novial
Berlin, 1. Mai (AFP) - Die Deutschen gelten als humorlos. Weil dieser Ruf nicht besonders schmeichelhaft ist, üben viele mittlerweile in Seminaren und in Clubs das Lachen. "In unseren Ländern, die calvinistisch und puristisch geprägt sind, gibt es ein großes Bedürfnis, sich emotional zu befreien", meint der Lachwissenschaftler Michael Titze. Aber Lachen ist auch gesund - diese Binsenweisheit ist mittlerweile Gegenstand ernsthafter Forschung und steht im Mittelpunkt des Lachkongresses, der ab Freitag in Stuttgart stattfindet und dessen wissenschaftlicher Leiter Titze ist.
Rechtzeitig zum - allerdings nichtoffiziellen - Weltlachtag am Sonntag können die rund tausend Teilnehmer erfahren, wie sie "Humor als Schwimmring auf dem Strom des Alltags" nutzen und den Clown in sich entdecken können. Auch "Humor im Business" und "Freude und Humor als beste Gewaltprävention" sind Themen. Die Wissenschaft vom Lachen, die sogenannte Gelotologie, sei mittlerweile eine weltweit anerkannte Disziplin, schreibt Titze im Internet. Die Forscher hätten festgestellt, dass Lachen unter anderem Atmung und Durchblutung fördere, Muskelverspannungen abbaue, die körpereigene Hormonproduktion steigere und die Immunabwehr stärke. Außerdem kämen Menschen, die häufig lachen, auch im sozialen Leben besser an.
Wie das geht, will der Psychologe Thomas Holtbernd in seinem Seminar "Humor und Business" zeigen. Holtbernd wird häufig von Unternehmen zu Hilfe gerufen, wenn es Konflikte gibt oder die Stimmung im Keller ist, weil die Geschäftszahlen schlecht sind. "Seit zwei Jahren bemerke ich eine größere Öffnung für Humor - zum Teil, weil man festgestellt hat, dass man weniger krank ist, wenn man lacht." Bei seinen Einsätzen fordert er die Teilnehmer in den Betrieben oft auf, ihren Firmenkonflikt mit einer roten Clownsnase im Gesicht nachzuspielen. Das löse "eine Freiheit im Ton und eine unglaubliche Kreativität aus", sagt Holtbernd.
Abseits von Kongressen und in Unternehmen wird das Lachen auch in Clubs geübt. Davon gibt es in Deutschland bereits 40. Der erste wurde allerdings 1995 in Indien gegründet: Damals wollte der Arzt und Yoga-Lehrer Madan Kataria mit Hilfe von Yoga die "heilenden Kräfte des Lachens aktivieren" und damit zum Frieden in der Welt beitragen - diese Philosophie wird jedes Jahr am ersten Mai-Sonntag anlässlich des selbst-proklamierten Lachtags wieder präsentiert.
Allein vier der vierzig deutschen Lachclubs befinden sich in Berlin. Der älteste ist im Stadtteil Schöneberg und wird fast ausschließlich von Frauen um die 50 besucht. Einmal die Woche versammeln sie sich in einer Turnhalle, um den Anweisungen von Josefine Grimmer zu folgen, die bei Madan Kataria in Indien gelernt hat. "Streckt die Zunge raus! Macht das Gesicht eines übermütigen Zwergs und lacht, wenn Ihr Euch begegnet," fordert sie die Teilnehmer auf. Das Lachen lässt nicht lange auf sich warten.
Nach einer langen Atempause radebrechen sie in einer Fantasiesprache, um dann wieder in Gelächter auszubrechen. "Das erfordert Übung", sagt Clubmitglied Karin Behrens. Aber "man lacht dann einfacher" im Alltag. "Beim Lachen wird das Immunsystem angekurbelt", meint Rose de Laczkovich. Eine andere Teilnehmerin befürchtet offensichtlich, dass die Deutschen trotz Lachtraining Mühe haben werden, ihren Ruf als humorloses Volk loszuwerden: "In Italien, in Frankreich, da weiß man zu lachen. Aber je mehr es in den Norden geht, desto steifer wird man."
kah/ans
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