Im ersten "Deutschsprachigen Wörterbuch für Psychotherapie" (Springer Verlag, 2000) konnte Dr. phil. Peter Hain "Humor" als therapeutischen Fachbegriff einführen und beschreiben:
Humor
Wurde bereits in den 20-er Jahren von Freud als hochstehender Abwehrmechanismus ("die siegreich behauptete Unverletzlichkeit des Ich") diskutiert und von Adler als eine, die Therapie fördernde Grundhaltung gewürdigt (vgl. Bernhardt, 1985). Frankl, der eigentliche Pionier des therapeutischen Humors, betonte, dass nichts den Patienten so sehr von sich selbst distanzieren lasse, wie der Humor und sich der durch die paradoxe Intention eingeleitete Einstellungswandel gerade in der Humorreaktion anbahne. In den 60-er Jahren rückte dann Farrelly (Farrelly & Brandsma,1985) den Humor seinerseits ins Zentrum der Provocative Therapy und zeigte, wieviel mehr an therapeutischer Herausforderung KlientInnen zugemutet werden kann, wenn es humorvoll geschieht. Aber auch wichtige Vertreter und Pioniere anderer Therapierichtungen hielten Humor für ihre therapeutische Arbeit bedeutsam, wie z.B. Berne, Ellis, Beck, Lazarus und Watzlawick, oder waren für Ihren humorvollen Stil bekannt, wie M.Erickson oder Withaker. Aktualisiert durch die Ergebnisse der noch relativ neuen Lachforschung (Gelotologie) haben sich während der letzten 10 Jahre Veröffentlichungen zu Lachen und Humor auch in der psychotherapeutischen Fachliteratur vervielfacht. Während sich das physiologische Potential u.a. darin zeigt, dass Humor das Immunsystem beeinflusst, dass Lachen Schmerz reduzieren, Stressabbau, Durchblutung und Verdauung fördern, oder helfen kann, den Blutdruck zu senken, wirkt das emotionale, kognitive und kommunikative Potential des Humors (vgl. Titze et al.,1994) nur dann konstruktiv, wenn die wichtigsten Grundbedingungen, v.a. Empathie und Wertschätzung, oder die Bereitschaft von TherapeutInnen, auch die eigene Position gegenüber KlientInnen humorvoll beleuchten und relativieren zu können, erfüllt sind (Hain, 1996). Therapeutischer Humor induziert oft einen leichten Trancezustand (vgl. Konfusionstechnik), initiiert innere Suchprozesse und kann die therapeutische Wirkung von Metaphern, Umdeutungen oder Suggestionen verstärken. Innerhalb des Bezugsrahmens des/der KlientIn eröffnen gemeinsam mit dem/der TherapeutIn entwickelte humorvolle Phantasiereisen oft schnellen Zugang zu neuen Ressourcen und Perspektiven (vgl. Inframing, Hain, 1993). Prophylaktisch avanciert der Humor als lernbare Fähigkeit zur coping strategy und somit von der Intervention zum therapeutischen Ziel.
Literatur:
Bernhardt,J.A.: Humor in der Psychotherapie. Weinheim (Beltz) 1985
Farrelly,F., & Brandsma,J.: Provokative Therapie. Berlin (Springer) 1985
In: Mrochen,S., et al. (Hrsg.): Die Pupille des Bettnässers.Heidelberg (Auer) 1993
Hain,P.: Humor als therapeutische Intervention. In: Peter,B.,& Kraiker,C. (Hrsg.)
Hypnose und Kognition, Band 13 (1+2). München (M.E.G. Stiftung) 1996: 251-256
Titze,M., Eschenröder,C., Salameh,W.: Therapeutischer Humor - ein Ueberblick.
In: Integrative Therapie 3/1994: 200-234
Das Buch von Dr. phil. Peter Hain über Wirkfaktoren in der Psychotherapie ("Das Geheimnis therapeutischer Wirkung", Carl Auer Verlag, Oktober 2001) beinhaltet auch zwei Kapitel über Humor und wird im Herbst hier vorgestellt und besprochen.
Peter Hain
Dr. phil. klin. Psychologe und Psychotherapeut FSP und SPV, Supervisor und Ausbilder, Präsident von HumorCare Schweiz, Buchautor, Stauffacherstr. 149, 8004 Zürich
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