René Schweizer

Gesundheit Sprechstunde - Nr. 7, 27. November 1998
INTERVIEW: SUSANNE STETTLER

HUMOR - Lachen ist ein guter Arzt

Wer oft lacht, hat ein leichteres Leben.
Rene Schweizer, Initiator des Basler Humorkongresses, über die Bedeutung des Lachens bei der Arbeit und in der Therapie.

Herr Schweizer, was sind dle neusten Erkenntnisse über das Lachen?
René Schweizer: Immer mehr ernst zu nehmende Wissenschafter setzen sich mit Humor auseinander und glauben an seinen Nutzen. Das zeigt sich auch an der wachsenden Teilnehmerzahl des Humorkongresses. Zudem gibt es im deutschen Bielefeld neu eine Ausbildung in Humorwissenschaften. Auch in der Schweiz wird man sich bald zum «Humorberater» schulen lassen können.

Ist Lachen tatsächlich gesund?
Ja, es hat heilende Wirkung. Natürlich geht es dabei um das positive, das herzhafte Lachen. Das Gegenteil, negatives Lachen also, sind Häme oder Auslachen. Positiver Stress - der sogenannte Eustress - hat denselben Effekt. Darunter versteht man die Begeisterung für etwas. Als negativen Stress bezeichnen wir grosse Arbeitsbelastung oder Zeitdruck.

Was passiert im Körper, wenn jemand lacht?
Endorphine - auch Glückshormone oder körpereigenes Morphium genannt - werden ausgeschüttet und Katecholamin aktiviert, eine Art entzündungshemmendes Hormon. Man weiss, dass diese beiden Stoffe das Immunsystem anregen.

Was bewirkt Fröhlichkeit?
Man nimmt das Leben lockerer und empfindet mehr Lebensfreude. Fröhlichkeit ist eine Grundbegabung gewisser Menschen. Am Kongress habe ich nun erfahren, dass Humor entwickelbar ist. Selbst die bärbeissigste Person könnte ihn sich rnit professioneller Hilfe antrainieren.

Bei welchen Krankhelten sollte man besonders viel lachen?
Humor hilft bei jeder Erkrankung - vorausgesetzt natürlich, dass der Vorgang des Lachens nicht schadet, wie etwa nach Operationen in der Bauchgegend. Ich bin überzeugt, dass das Lachen nicht nur das Immunsystem aktiviert, sondern bei Schwerkranken die Lebenslust wie der weckt. Dazu möchte ich eine Anekdote erzählen: Vor 20 Jahren kam ein Mann auf mich zu und sagte: «Danke, Herr Schweizer, Sie

haben mir das Leben gerettet!» Er sei im Krankenhaus gelegen und habe mein erstes «Schweizerbuch» geschenkt bekommen. Er hätte so lachen müssen, dass seine Krankheit Reissaus genommen habe. Damals dachte ich, der Mann spinnt, aber ein Jahr später las ich im Buch eines amerikanischen Arztes, dass Lachen wirklich heilen kann.

Welchen Stellenwert hat Humor in der Therapie?
Humor als Therapiemittel verbreitet sich bei uns immer mehr. Clown-Doktoren, die Kinderspitäler besuchen, sind nur ein Beispiel. Begründet wurde die Gelotologie, die noch junge Wissenschaft des Humors, vom Psychiatrie-Professor William F. Fry von der Stanford Universität in Amerika. Inzwischen hat seine Theorie unzählige Anhänger. So gibt es in den USA in vielen Spitälern Humorberater, die den tristen Krankenhausalltag auflockern und im englischen Birmingham existiert sogar eine Lachklinik, - Behandlungen werden von den Krankenkassen übernommen.

In welchen anderen Lebensbereichen spielt Humor eine Rolle?
Eigentlich injedem. Besonders in der Pädagogik und im Management.

Verbessert Lachen das Betriebsklima?
Auf jeden Fall. Durch aufbauenden Humor kommt man sich näher, erkennt den Charakter der Kollegen besser, und der Chef erscheint plötzlich menschlicher. Kurz: Lachen sorgt für eine stärkere Bindung. Darum sollte Humor im Arbeitsalltag seinen festen Platz haben. Es gibt Studien, die beweisen, dass Lachen das Betriebsklima verbessert und dadurch die Produktivität steigt.

Wer sollte mehr lachen?
In vielen Chefetagen täte mehr Humor sehr gut. Professor William F. Fry sagt: «Ernst und Humor sind ein polares Paar. Ernst ohne Humor hat keine Überlebenschance und führt automatisch zu Krankheit.»

Welchen Stellenwert nimmt das Lachen ein?
Es ist ein Grundpfeiler des Lebens und ermöglicht die Rückkehr zur Gesundheit. Auch hier möchte ich Fry zitieren: «Wenn die Erkenntnis des Humors erst einmal Fuss fasst, wird eine humoristische Revolution ein setzen, stärker noch als die sexuelle Revolution.»