Schweizer Kulturkonzepte

Humor Akademie Olympia2

Ein Referat als Auftakt.
Rendsburger Lachfest vom 27.7.1997






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Guten Tag, meine Damen und Herren

Es freut mich sehr, dass ich hier vor Ihnen reden darf. Da ich nicht viel Zeit zur Verfügung habe, will ich direkt in medias res gehen und versuchen, Ihnen einen kurzen Überblick über die Hintergründe zu geben, die dazu geführt haben, dass wir uns jetzt alle hier befinden.
Als Motto wähle ich einen Satz, den ich in einem Buch über Ramtha gefunden habe, eine Wesenheit, die vor 35'000 Jahren auf der Erde gelebt haben soll. Hier seine Worte:

  • Dieses Leben ist eine Illusion, ein Spiel,
    ein gedankliches Abenteuer, um die Wirklichkeit,
    die man SELBST nennt, zu erlangen.


Am 5. Oktober des vergangenen Jahres fand in Basel auf meine Initiative hin der erste europäische Kongress zum Thema Humor in der Therapie statt. Da er selbst verhindert war, sandte uns der Stanford Professor William F. Fry, der Begründer der wissenschaftlichen Erforschung des Lachens, der sogenannten Gelotologie, von griech. Gelos - Das Lachen, einen Artikel zu, den wir in der ersten Nummer unseres Humor Magazins abdrucken durften. Darin spricht er einen Satz aus, der Holger Thiesen, Michael Berger, John Halpern und mich dazu inspiriert hat, die Humor Akademie Olympia2 zu gründen. Der Satz lautet im Original: "We need to define a therapie for multitudes." - Wir müssen eine Therapie für "multitudes" definieren. Das englische Wort "multitude" wird im Handwörterbuch von Langenscheidt mit "grosse Zahl, Menge, Vielheit, Menschenmenge, der grosse Haufe, die Masse" übersetzt. Im "Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache" von Schöffler Weis findet man unter "multitude": Vielheit, grosse Zahl; Menge, Masse (Menschen): the multitude - die grosse Masse, der grosse Haufen, das gewöhnliche Volk". Im Taschenwörterbuch von Langenscheidt findet sich noch das Wort "Pöbel".

Wir benötigen also nach Professor Fry, dem Urvater der Lachwissenschaft, eine Therapie für die Masse, die Menge, die Vielheit, die grosse Zahl oder das gewöhnliche Volk, den Pöbel. Um es nicht zu kompliziert zu machen, denn das Lachen ist an sich ja eine einfache Kunst, haben wir uns darauf geeinigt, gemeinsam auf die Suche nach einer Therapie für die Welt oder Therapie für die Menschheit zu gehen. Damit Sie aber jetzt nicht meinen, wir seien ein Quartett von Verrückten, will ich nochmals ein bisschen ausholen.

In knapp zweieinhalb Jahren beginnt das 3. Jahrtausend christlicher Zeitrechnung. Schon fast fünfhundert Jahre bevor diese begann, soll Sokrates, der Mann, der nach einem bekannten Wort Ciceros die Philosophie vom Himmel auf die Erde herabgeholt hat, in Athen jenen legendären Satz ausgesprochen haben, der noch heute aus jedem Gymnasiasten schlagartig einen vollwertigen Philosophen macht: "Alles, was ich weiss, ist, dass ich nichts weiss."

Wir von der Humor Akademie Olympia2 haben am 1. April dieses Jahres in Wiesbaden-Erbenheim den Nulltag getauft, d.h. wir haben den 1. April, den Tag der Narren und Verrückten, aus der Masse der Alltage herausgehoben und ihn zum Ehrentag der Null, des Nichts, der Leere gemacht. Und: Sokrates damit unsere Reverenz erwiesen. Alles, was ich weiss, ist, dass ich nichts weiss. Das klingt tragischer, als es ist. Auch Kolumbus wusste nichts oder Edison, Einstein und andere Entdecker und Erfinder. Doch obwohl sie nichts wussten, sondern bloss etwas ahnten, sich von einer starken Vermutung angezogen fühlten, gingen diese Leute geradeaus und machten Geschichte. Wenn die amerikanischen Pioniere sich an der Westküste versammelt und Machbarkeitsstudien erstellt hätten - Kalifornien wäre wohl nie erreicht worden. Wer etwas nicht weiss, will es in der Regel herausfinden. Der Zögerer zögert, der Wagemutige schreitet los. Das Nichtwissen hat stets enorme Energien beim Menschen freigesetzt. Wer nichts weiss, kann alles herausfinden. Der Mensch braucht stets die weisse Leinwand als Voraussetzung für grosse Bilder.

Die Humor Akademie Olympia2 nimmt den vor uns liegenden Jahrtausendwechsel und die Tatsache, dass die Wissenschaft den Wert des Lachens entdeckt und nachgewiesen hat, zum Anlass, um ein Abenteuer zu wagen. Jedes Abenteuer kann als dumme Sache beurteilt werden, ehe es seinen glanzvollen Abschluss gefunden hat. Der erste Mensch, der den Mount Everest erstiegen hat, galt bei vielen als unverbesserlicher und sturer Bock, weil das Scheitern seiner Vorgänger schliesslich den Beweis dafür geliefert hatte, dass das Unterfangen unmöglich war. Edison benötigte über zehntausend Versuche bis er endlich seine elektrische Lampe hatte. Die Humor Akademie Olympia2 sagt sich: wir wissen auch nicht mit Bestimmtheit, wohin uns das methodische Lachen und der taktische Humor führen werden, aber wir wissen, wohin uns der Ernst geführt hat.

Die Amerikaner sind auf dem Gebiet der Lachforschung führend. Professor Lee Berk von der Loma Linda Universität in Kalifornien, ein Schüler von Professor Fry, hat den Nachweis dafür erbracht, dass durch das Lachen das Immunsystem angeregt wird. Am kommenden 11. Oktober 1997 wird er anlässlich des 2. Internationalen Kongresses zum Thema «Humor in der Therapie» in Basel seine neuesten Ergebnisse präsentieren. Ich weiss aus sicherer Quelle, dass sogar bei Aids und Krebs schon vielversprechende Resultate vorliegen. Und weil das so ist und weil es eine "therapy for multitudes" braucht, habe ich mir für den Kongress des nächsten Jahres, der wohl wiederum im Oktober stattfinden wird, etwas ausgedacht. In der Form eines Theaterstückes bringe ich die Idee des Happy End in die Öffentlichkeit.

Das läuft folgendermassen ab:
Auf der Bühne begegnen sich ein Ausserirdischer und der Präsident eines Werbekonzerns. Der Ausserirdische erklärt dem Werbeexperten, dass er einen Auftrag für ihn habe. Als der Werbemann sich erkundigt, worum es sich dabei handle, sagt er Ausserirdische: "Sie sollen das Happy End auf der Erde organisieren."
"Das Happy End?", fragt der Werber, "welches Happy End?"
"Die Schöpfung ist ein Schauspiel" beginnt der Ausserirdische zu erklären, "die dramaturgische Entwicklung der Handlung ist an dem Punkt angelangt, da das Happy End eingeläutet werden muss. Das geschieht nicht automatisch. Ich bin ein Vertreter jener Gruppe von Wesen, die dafür zuständig sind, dass die Sache ins Rollen kommt."
Zunächst ist der Werbemann natürlich skeptisch, doch nach einer Weile, als der Ausserirdische ihm mit klaren Argumenten seine Sicht dargelegt hat und ihm eine Summe von zwanzig Millionen $ für die Ausführung der ersten Schritte des Auftrags anbietet, schlägt er ein.

Im Vorfeld der Vorbereitungen werde ich möglichst viele Persönlichkeiten aus allen gesellschaftlichen Bereichen in der deutschsprachigen Welt schriftlich anfragen, ob sie sich vorstellen können, wie sie reagieren würden, wenn der Ausserirdische ihnen dieses Angebot machen würde. Die Reaktionen kommen ins Programmheft. Ich habe aber noch einen Hintergedanken. Dadurch, dass ich möglichst viele Prominente anspreche und hoffentlich auch möglichst viele Reaktionen bekomme, wird das Thema medienreif, d.h. die Medien werden sich seiner annehmen. Wenn wir damit geschickt umgehen und stets das Lachen präsent haben, können wir nicht nur ein grosses Echo, sondern auch eine Kontinuität erzielen, denn das Thema ist first class, vor allem auch im Rahmen des Jahrtausendwechsels, da viele sich etwas Aussergewöhnliches von ihm erwarten.

Das Thema Happy End Express werde ich dann nach und nach kommerzialisieren, d.h. es wird einen Comic geben, die Happy End Express-Hymne, T-Shirts mit dem Happy End Express-Namenszug, den Happy End Express-Mitgliederpass etc. Die gesamte Palette des modernen Merchandising wird genutzt.
Vielleicht ergibt es sich noch vor dem Jahrtausendwechsel, von dem wir heute noch exakt 888 Tage entfernt sind, dass sich eine Gruppe von kreativen Supertalenten, zu denen vielleicht jemand von Ihnen gehört, hinter die methodische Realisierung des Happy End Express-Projektes macht.
Ich weiss natürlich nicht, wohin die Sache führen wird, genau so wenig wie Kolumbus oder Edison, aber vielleicht entdecken wir ein neues Amerika in unserem Unterbewusstsein oder eine neue Glühbirne, in deren Licht wir die Konturen unserer inneren Kontinente zu erkennen vermögen.
Und wenn nicht, werden wir bestimmt eine Menge Spass haben und die Quantität und Qualität unseres Nichtwissens beträchtlich steigern. Dann können wir uns mit Stolz in Pose werfen und sagen: Wir wissen heute viel mehr nicht als Sokrates vor 2'500 Jahren. Er wusste bloss, dass er nichts weiss. Wir hingegen wissen, dass wir mehr als nichts nicht wissen.
Und falls Ihnen hier irgend etwas nicht ganz logisch vorgekommen sein sollte, dann trösten Sie sich - es war nichts nur logisch gemeint, sondern stets und vor allem: gelotologisch. Sie erinnern sich: Gelos ist griechisch und heisst "das Lachen".

Ich wünsche Ihnen ein schönes Lachfest.