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TAGES-ANZEIGER, 04.06.2007 Von der Bombenstimmung im Humorlabor Willibald Ruch ist der führende Humorexperte Europas. An der Uni Zürich untersucht er das Komische, den Witz, die Ironie mit Berechnungen und Statistik. Besonders lustig ist das nicht. Von Annette Müller Seit Jahren schon erforscht Willibald Ruch den Humor, und das in seiner ganzen Bandbreite. Er analysiert Witze, er misst die Mimik, wenn Menschen lachen und ergründet die Auswirkungen, oder er geht dem «humorvollen» Charakter auf den Grund. Ruch ist Psychologe an der Uni Zürich. All sein Wissen um die Mechanismen des Humors setze er in seinem heiteren wie auch ernsten Wissenschaftsalltag aber nicht gezielt ein, sagt er, «Humor half mir aber schon als Strategie bei Schwierigkeiten, um dennoch Leichtigkeit zu bewahren.» In Ruchs Büro in Zürich-Nord liegen keine Clownnasen herum, weder Scherzartikel noch Witzbücher. Einen weissen Forscherkittel trägt er auch nicht, sondern ein blaues Hemd und eine schwarze Hose mit Bügelfalte. Wissenschaftliche Forschung geschieht hier, am Psychologischen Institut, hauptsächlich am Computer, wo die Maschine komplexe Formeln berechnet. Was sie ausspuckt, sind Statistikwerte pur. Korrelationskoeffizienten, Betagewichte und Faktoranalysen heissen sie etwa. Und diese Berechnungen sollen so was wie Humor also tatsächlich messbar machen? Meterweise Bücher, Mäppchen und Dossiers mit wissenschaftlichen Artikeln auf Ruchs Tisch scheinen es zu bezeugen. Bevor er sich der Wissenschaft zuwandte, spielte Ruch professionell Musik. «Die Musiker im klassischen Bereich waren ernster als jene, die mit mir in Bossa-Nova-Formationen spielten.» Letztere, die Improvisateure, blödelten mehr herum, waren spontaner als die gestrengen Konservatoriumsabgänger, «die nur vorgefertigte Stücke neu interpretierten». Ruch wurde neugierig, ihm stellte sich die kindlichste und zugleich essenziellste aller Forschungsfragen: «Warum ist das so?» Das motivierte Ruch zu studieren, er wollte herausfinden, wie Humor funktioniert und wie er mit der Persönlichkeit zusammenhängt. Als Psychologe spezialisierte er sich auf Humor. «Es brauchte schliesslich keinen tausendsten Depressionsforscher, und der Humor war als Forschungsgebiet bis dahin noch weit gehend unentdeckt.» Heute ist Ruch europaweit führend als Humorspezialist. Humor sei «nicht bloss ein Luxusthema», sagt er, sondern «wichtig für die Erforschung der Persönlichkeit, für den Umgang mit Stress, Schmerzen und Gesundheit». Um die Unterschiede zwischen den klassischen Musikern und den Improvisateuren zu erklären, dazu könnte Ruch mittlerweile wohl mindestens fünf Theorien nennen, sie mit zig Studien untermauern und damit aus dem Stegreif ein gut zweistündiges Referat halten. Schmerzhafte Torturen Mit zwei unterschiedlichen Zugängen zur Psyche sucht Ruch Aufschluss über die Geheimnisse des Humors. Einerseits mit Experimenten, in denen Probanden unter Beobachtung sonderbare Dinge anstellen müssen. Lustige Filme schauen und sich gleichzeitig schmerzhaften Torturen aussetzen etwa. Andererseits verteilt er Fragebogen, die Aspekte des Humors erheben und gleichzeitig auch nach Faktoren wie Führungserfahrung, Intelligenz, Gesundheit oder Berufsinteressen fragen. Die Blätter mit den Kreuzchen drauf werden vom Computer eingelesen, die Werte nummeriert, kodiert, revidiert und in eine komplexe Datenmatrix gefasst. Dann gibt es eine Anweisung an den Rechner: Finde Zusammenhänge, such mir Unterschiede. Diese interpretiert Ruch. Darauf schreibt er ellenlange Artikel, Dossiers und Bücher, die sich dann in den Büros von anderen Wissenschaftern und Humorforschern stapeln. - Die Beschäftigung mit der Komik ist also keine immanent heitere Angelegenheit. Es gibt mehr als 60 Methoden zur Messung von Humor. Die Fragebogen haben kryptische Namen wie etwa SHRQ oder STCI-T oder auch HBQD. Sie erfassen beispielsweise, wie oft jemand lacht, oder welchen Humorstil eine Person hat. Ist er selbsterhebend, beziehungsorientiert, aggressiv oder eher selbstverteidigend? |
Mit einem Test hat Ruch mal seine Humorforscherkollegen geprüft. All die, die sich ebenfalls tagtäglich mit den lustigen Seiten des Lebens beschäftigen. Und hat herausgefunden: «Unter uns gibt es sowohl Miesepeter als auch heitere Zeitgenossen.» Ein besonderes Spezialgebiet von Ruch ist die Gelotophobie, die pathologische Angst vor dem Ausgelachtwerden. In der Schweiz leiden laut Ruch etwa fünf Prozent der Menschen darunter. Diese werden aber nicht etwa häufiger ausgelacht als andere, sie haben bloss Angst davor. Normalerweise verstehen sie sehr wohl Spass, aber im sozialen Bereich ist ihr Humor stark eingeschränkt. Denn Ruch hat herausgefunden: Ein fröhliches Lachen klingt in den Ohren von Gelotophobikern genauso unangenehm und feindlich wie eines aus Schadenfreude. Sie können die Arten des Lachens nicht unterscheiden. Gelotophobiker gibt es überall auf der Welt, wie eine grosse internationale Studie zeigte. Und übrigens: Die Alltagsweisheit, Lachen sei gesund, konnte bisher weder be- noch widerlegt werden. Das erwähnte Experiment mit den Torturen und dem lustigen Film zeigte aber, dass Lachen die Schmerztoleranz erhöht. Lachen ist nicht gleich Humor Wenn man es genau nimmt, ist Lachen aber nicht dasselbe wie die Emotion Erheiterung, und es ist auch etwas anderes als Humor. Die Krux an der Humorforschung ist, dass alle zu wissen scheinen, was sie meinen, wenn sie etwa in einer Kontaktanzeige nach besonders «humorvollen» Partnern suchen. Geht es aber darum, diese Eigenschaft zu definieren, nimmt der Mensch im Alltag die Sache nicht eben präzis. Heute ist Humor ein Oberbegriff, der allem Unterschlupf bietet, was irgendwie mit Lachen zu tun hat: Faxen machen, scherzen, Witze erzählen, Nonsens-Blödeln, Schalk, Ironie oder Zynismus. Humorvoll sein, das meint sowohl lustige Zusammenhänge selbst erzeugen zu können als auch sie zu erkennen oder zu verstehen. Eine analytisch saubere Abgrenzung ist für die Wissenschaft schwierig. Humor ist, wie es so schön heisst, wenn man trotzdem lacht. Ruch nimmt das linguistische Knäuel gelassen, versucht, die Fäden wo nötig zu entwirren. Er favorisiert für sich die Definition von Humor als «heitere Geisteshaltung gegenüber den Widrigkeiten des Lebens», wie Humor in der Antike einst klar definiert war - distinkt zu den andern Lustigkeiten und Lachgelegenheiten. Denn Ruch möchte «an alte Traditionen anknüpfen» und die Ideen der frühen Denker «wissenschaftlich greifbar machen». Studien von Ruch belegen, dass Menschen, die über heitere Gelassenheit verfügen, mit schwierigen Lebenssituationen tatsächlich besser umgehen können. Das hilft manchmal, auch im ernsten Wissenschaftsalltag. Willibald Ruch Trainieren Sie Ihren Sinn für Humor Lange ging die Psychologie davon aus, dass Humor eine Charaktereigenschaft ist, die hauptsächlich erblich bedingt ist und darum unveränderbar. Neuere Erkenntnisse weisen nun aber darauf hin, dass einige Komponenten des Humors erlernbar sind, wie auch die soziale Kompetenz, zu wissen, wann welche Form von Humor angebracht ist. Willibald Ruch und seine Mitarbeiterinnen vom Institut für Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik der Uni Zürich bieten nun ein kostenloses Humortraining an und suchen dafür noch Teilnehmende. «Ein Training kann helfen, Humor als Strategie im stressigen Alltag einzusetzen, mit widrigen Lebensumständen umzugehen und die Lebenszufriedenheit zu steigern», sagen die Organisatorinnen Sandra Rusch und Heidi Stolz. An acht bis zehn Workshop-Abenden sollen die Teilnehmer Rollenspiele machen, Witze analysieren, Arten des Humors unterscheiden lernen oder der Frage nachgehen, welche Arten von Humor sie selbst eigentlich lustig finden. «Wir möchten dabei das Spielerische hervorheben, mit den Kursteilnehmern ins Kindliche zurückgehen und das Freudvolle und Leichte im Leben betonen», sagt Rusch. Die Workshops finden von Mitte August bis Mitte Oktober in Zürich statt. Bedingung sind die regelmässige Teilnahme und das Bearbeiten einiger Fragebogen. Die Daten werden anonymisiert und vertraulich behandelt. Weitere Informationen unter www.psychologie.unizh.ch/perspsy/forschung/untersuchungen.php |
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DIE ZEIT, Nr. 7, 8. Februar 2007 Kolumne: Acht Fragen im Stehen Interview: Jana Schlüter Humor ernst nehmen. Sven Svebak erforscht in Trondheim den Sinn für Humor Humor hält jung, weiß man das nicht längst? Die Idee ist nicht neu. Aber sie wurde kaum wissenschaftlich untersucht. Warum? Viele Akademiker finden das Thema nicht ernsthaft genug. Sie offenbar schon. Sinn für Humor erhöht die Lebenserwartung schwer kranker Nierenpatienten, schreiben Sie in einer Studie. Wie kamen Sie zu dem Ergebnis? Wir fragten alle Patienten mit chronischem Nierenversagen in einem norwegischen Landkreis nach ihrem Alter, nach Geschlecht, Lebensqualität, Bildungsniveau, der Dauer der Krankheit. Wir wollten von ihnen aber auch wissen, wie oft sie pro Woche zur Dialyse müssen, welche anderen Beschwerden sie haben - alles Faktoren, von denen angenommen wird, dass sie das Überleben beeinflussen. Wir hielten auch den Body-Mass-Index (BMI) fest, schließlich hat die Niere eines Dicken mehr zu tun als die eines Schlanken. Und wir ermittelten den Sinn für Humor. Wie ermittelt man den? Man muss zunächst einen wissenschaftlichen Ansatz finden, Humor zu messen - und nicht etwa Optimismus oder Fröhlichkeit. Die Frequenz des Lachens jedenfalls ist nicht mit Humor gleichzusetzen. |
Sondern? Das habe ich mich schon als Student in den sechziger Jahren gefragt. Damals fand ich nur einen Test für Humor. Er enthielt eine ganze Batterie amerikanischer Witze. Ich fand die nicht lustig und bekam ein miserables Ergebnis - das konnte nicht stimmen. Daraufhin habe ich in den siebziger Jahren eine Definition erarbeitet, die drei Dimensionen umfasst: eine kognitive, eine soziale und eine physische. Die kognitive Dimension ist die Fähigkeit eines Menschen, auf witzige, überraschende Gedanken zu kommen, solche Gedanken zu erkennen und auf sie zu reagieren. Diese Dimension ist die wichtigste. Sich gern mit Menschen, die Sinn für Humor haben, zu umgeben, schlägt sich in der sozialen Dimension nieder. Die physische Dimension - wie oft jemand tatsächlich lacht - hat dagegen fast keine Aussagekraft. Denn es gibt zu viele Funktionen des Lachens, Unsicherheit zum Beispiel. Die Fragebögen habe ich daher aufgrund der ersten und zweiten Dimension erarbeitet. Was kam konkret heraus? Nach zwei Jahren waren 40 Prozent der Patienten gestorben. Wer überlebt hatte (und wer nicht), hing allein vom Alter und vom Sinn für Humor ab. Kein anderer Faktor hatte einen statistisch signifikanten Effekt. In dieser Deutlichkeit hat mich das Resultat überrascht. Welche Erklärung gibt es dafür? Vermutlich hilft ein Sinn für Humor den Menschen, ihr tägliches Leben zu meistern, schlechte Laune und extremen Stress zu vermeiden. Wer nie zur Ruhe kommt, ruiniert sein Immunsystem. Wie kann man diese Erkenntnis in der Klinik umsetzen? Das geht wenn zwischen Arzt und Patient ein Vertrauensverhältnis besteht. Dann kann man vorsichtig versuchen, humorvolle Bemerkungen anzubringen. Das erfordert Fingerspitzengefühl und viel soziale Kompetenz - im Studium wird das nicht trainiert. Meiner Ansicht nach sollte ohnehin jeder seinen Sinn für Humor schulen. Dafür ist es nie zu spät. Man muss raus, mit humorvollen Menschen sprechen, ihnen zuhören, reagieren. Und bloß keine Angst haben, nicht ernst genommen zu werden. |
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www.heute-online.ch, 2. Februar 2007 Alkohol beeinträchtigt das Verständnis für Humor: Voll nicht lustig 02.02.2007, BONN. Es liest sich wie ein Witz, ist aber Tatsache: Alkoholiker verstehen Pointen nicht. Das Experiment beginnt mit einem halben Witz: Ein Mann nennt seine Frau immer «Mutter von Sechsen». Die Gattin nervt sich extrem wegen des Spitznamens, den ihr der Gatte wegen ihrer Kinderzahl gab. Schliesslich ruft er sogar vor einigen Freunden bei einem Abendessen: «Mutter von Sechsen! Wir müssen nach Hause.» Hier endet der Witz vorerst. Wie entsteht Humor? Alkoholismus schädigt den für das Humorverständnis verantwortlichen Hirnlappen (präfrontaler Kortex, siehe unten «Gut zu wissen»). Diese Vermutung wollte die Neuropsychologin Jennifer Uekermann von der Ruhr-Universität Bonn überprüfen. Wenn dieser Hirnbereich tatsächlich durch Alkohol geschädigt wird, dann sollten alkoholkranke Patienten den Witz erheblich schlechter verstehen. «Wir nehmen an, dass besonders der präfrontale Kortex für die giftige Wirkung des Alkohols anfällig ist», sagt die Forscherin. Die Wirkung von Humor im Gehirn funktioniert in zwei Stufen: Zuerst entdeckt das Gehirn einen Widerspruch im Witz (kognitives Element) und in der zweiten Stufe versucht das Gehirn diesen Widerspruch aufzulösen. Dies geschieht in der Regel dadurch, dass der Witz erkannt und als witzig empfunden wird (affektives Element). Aber nur dann, wenn jemand fähig ist, das Verhalten anderer Menschen vorherzusagen. Und genau dafür ist der präfrontale Kortex verantwortlich. |
Wähl dir die Pointe! Das Experiment am Institut für Kognitive Neurowissenschaft wurde mit 29 Alkoholikern und einer gleich grossen gesunden Kontrollgruppe durchgeführt. Die Testpersonen mussten eine von vier möglichen Pointen auswählen. In einer langweiligen Variante sagte die Frau: «Ja, du hast Recht, es ist schon sehr spät.» Als zweite Möglichkeit erwiderte die Frau: «Ich komme schon» und stolperte in Slapstick-Manier über ein Tischbein. Als dritte Variante entgegnete sie: «Ich bin fertig, wir gehen, Vater von Vieren». Und in der letzten Version sagte die Ehefrau den unsinnigen Satz: «Ich mag dieses Bild an der Wand.» Witzloses Ergebnis Die Alkoholiker wählten tatsächlich viel seltener als die Gesunden die korrekte dritte Antwort als Pointe aus. Stattdessen bevorzugten sie eher die Slapstick-Alternative oder die zwar logische, aber langweilige erste Variante. «Die Ergebnisse sprechen für Beeinträchtigungen der affektiven und kognitiven Humorkomponente bei Alkoholismus», sagt Neurowissenschaftlerin Uekermann zusammenfassend. Das stützt die These, dass Alkohol den präfontalen Kortex schädigt. Seien Sie also alarmiert, wenn in der nächsten Witzrunde niemand ihre Pointe verstehen will: Vielleicht liegt es am Witz. Gut zu wissen Der präfrontale Kortex ist verantwortlich für die Wahrnehmungsunterschiede zwischen Mensch und Tier. Nur Menschen und einige Primaten (Affen) besitzen dieses Hirnteil, mit dem wir überhaupt erst in der Lage sind, Informationen bewusst zu verarbeiten. Der Präfrontalkortex sitzt im vorderen Hirnbereich. Beim Menschen kann es kurzzeitig zu einer Überforderung dieses Hirnteils kommen. Vor allem eine plötzliche Emotionsflut kann das Denken stark behindern. Ein Effekt, den viele aus Prüfungssituationen kennen. |
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SonntagsZeitung, Medizin, 3. Dezember 2006 von SILVIA STÄHLI-SCHÖNTHALER Gesundes Lachen für kranke Lungen Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenkrankheit (COPD) profitieren von einer Humortherapie Lachen ist gesund. Von dieser Volksweisheit können auch lungenkranke Menschen profitieren. Dies jedenfalls belegt die «HaHaStudie» am Universitätsspital Basel. Ziel war es, die mittelfristigen Auswirkungen des Lachens auf die Lungenfunktion bei Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) zu untersuchen. Diese Patienten leiden an einer Zerstörung der Lungenbläschen, was zu einer Überblähung der Lungen und somit zu Atemnot führt. Die Resultate sind viel versprechend: Sogar bei jenen COPD-Patienten, bei denen die Medikamente nicht mehr wirkten, registrierten die Ärzte um Studienleiter Martin Brutsche nach der Lachtherapie teilweise eine deutliche Verbesserung der Atmung. «Lachen hat einen bedeutenden mechanischen Einfluss auf die Lunge», sagt Brutsche, stellvertretender Chefarzt der Pneumologischen Abteilung am Uni-Spital Basel. Denn während des Lachvorgangs würden verschiedene Muskeln des Brustkorbs benötigt, was laut Brutsche zu einer Massage des Zwerchfells führt. Bei gesunden Menschen wurde nachgewiesen, dass Lachen die Lungen von alter, unnötiger Luft befreit. Dies könnte darin begründet sein, so Brutsche, «dass beim Ausatmen die Muskulatur stärker aktiviert wird als beim Einatmen.» Um zu prüfen, ob dieser Effekt auch bei Menschen mit einer Lungenerkrankung erzielt wird, lud Brutsche 19 Patienten und 10 |
gesunde Probanden im Alter zwischen 20 und 80 Jahren zu einer «Lachsitzung» ein. Anwesend war auch der Clown Pello, der den Teilnehmern ein möglichst herzhaftes Lachen entlocken sollte. Auch die Psyche beeinflusst die Lungenfunktion Kurz vor der Lachsitzung sowie 10 Minuten, 2, 4 und 24 Stunden danach massen die Ärzte die Lungenfunktion mittels einer so genannten Plethysmografie. «Bei einigen Patienten hat die für COPD typische Lungenüberblähung deutlich abgenommen», sagt Brutsche. «Das Atmen fiel ihnen bedeutend leichter.» Bei 22 Prozent der «austherapierten» Patienten reduzierte sich die Lungenüberblähung um mehr als 10 Prozent, was Brutsche als relevant betrachtet. Bei Patienten die auf die Therapie angesprochen hatten, reduzierte sich die Überblähung um 0,36 bis 1,55 Liter. Mittels Videoanalyse wurde auch das Lachen während der Humorsitzung untersucht. Es zeigte sich, dass vor allem Lächeln einen positiven Einfluss auf die Atmung hatte. Zu starkes Lachen stellt bei Patienten mit einer schwer eingeschränkten Lungenfunktion laut Brutsche eher eine Belastung dar. Die Lachsession beeinflusste auch die Psyche positiv: Alle Teilnehmer wurden fröhlicher. «Dies ist wichtig, da bis zu 60 Prozent der COPD-Patienten an einer Depression leiden», sagt Brutsche. Ein weiterer überraschender Effekt: Je markanter die Verbesserung der Stimmung, desto eher konnten die Teilnehmer ihre Lungenfunktion steigern. Es scheint also, dass die verbesserte Lungenfunktion nicht allein auf den mechanischen Einfluss des Lachens, sondern auch auf die Psyche des Patienten zurückzuführen ist. Auf diese Weise, so Brutsche, würden durch eine einfache therapeutische Intervention zwei Krankheitsbilder positiv und erst noch gratis beeinflusst. «Lachen ist nicht nur gesund», sagt Brutsche, «es kostet auch nichts.» |
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...bis das Zwerchfell hüpft.
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Die wissenschaftliche Bezeichnung für ihr Fachgebiet kennt hierzulande jedes Kind, seit im Quiz "Wer wird Millionär?" ein Kandidat auf die Antwort "Was erforschen Gelotologen?" mit der richtigen Anwort ("Das menschliche Lachen") definitiv den Millionentreffer landete. Die Gelotologie (von griechisch "gelos", Lachen) ist 1953 vom amerikanischen Psychologen Gregory Bateson begründet worden und widmet sich der Erforschung der körperlichen und physischen Aspekte des Lachens. Humor als TherapieGegen 200 Humorforscher - Psychologen, Mediziner, Linguisten und Immunologen - befassen sich mittlerweile auf der ganzen Welt mit den Auswirkungen herzhaften Gelächters auf Leib und Seele. Für sie ist es sonnenklar, dass das Lachen nur positive Auswirkung auf die menschliche Psyche hat. Mehr noch: dass es die Ausschüttung von Endorphin-Hormonen bewirkt und damit auch die Abwehrkraft des Immunsystems gegen allerhand Infektionen stärkt. Mittlerweile lassen sich vereinzelt sogar Schulmediziner zum Eingeständnis herab, dass regelmässiges Lachen bei gewissen Schmerz- und Allergieformen lindernd wirken kann. Im Lichte solcher erheiternder Erkenntnisse verbreiten sich Institutionen wie die Lach-Clubs des indischen Arztes Dr. Madan Kataria oder die Kinderspital-Clowns nach dem Vorbild des US-Doktors Patch Adams in Windeseile auch in unseren Breitengraden. Kongresse, Websites, BücherWegbereiter der Lachtherapie in Europa ist der in Zürich ansässige Verein HumorCare des Psychotherapeuten Dr. Peter Hain. Zusammen mit dem Verein humor.ch und der Messe Basel hat er seit 1996 nicht weniger als fünf Kongresse zum Thema "Humor in der Therapie" mit bis zu 700 Teilnehmenden durchgeführt. Da verwundert nicht, dass es zum Thema auch eine Website gibt. www.humor.ch enthält eine Fülle von Informationen und Links zu den wissenschaftlichen und unwissenschaftlichen Aspekten des Megatrends. Auch der Buchhandel schneidet sich schmunzelnd seine Scheibe vom boomenden Geschäft mit dem populären Thema ab: Grundlagenwerke wie "Die heilende Kraft des Lachens" des Tübinger Diplompsychologen Dr. Michael Titze, aber auch ganz praktische Anleitungen zum Glucksen wie das Bändchen "Ich bin fröhlich" von "Emil"-Gattin Niccel Steinberger gehen in diesen witzigen Zeiten über den Ladentisch wie frische Weggli. Weggekauft von lachlustigen und humorvollen Menschen, die sich neuerdings ihren täglichen Witz via SMS aufs Handy schicken lassen |
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verrückte Krawatten und T-Shirts tragen dürfen, oder Fotowände, auf denen sich das Topmanagement mit witzigen Fotos aus der Kinderzeit outet. Tatsächlich haben Spassexperten wie Paul McGhee in Zeiten des Downsizing und des verschärften globalen Wettbewerbs Konjunktur. Denn der Druck auf die Angestellten, so erkennen inzwischen auch die Arbeitgeber, lässt sich nicht beliebig erhöhen. Irgendwann schlagen die zunehmenden Leistungsanforderungen in übermässigen Stress, Unzufriedenheit, mangelnde Arbeitsmoral und Einfallslosigkeit um. Dann ist der Humorberater gefragt. Einige Vertreter dieser fröhlichen Zunft trafen sich Mitte Oktober in Basel auf dem Kongress "Humor in der Therapie". Unter dem Motto "Lachen ist gesund, die Wirtschaft krankt, also muss gelacht werden", referierte etwa der Kommunikationstrainer Michael Wenk über den "Clown als Heiler". Wenk und seine Kollegen vom Freiburger Galli Theater werden in Firmen gerufen, die interne Kommunikationsprobleme haben. Nach einigen Vorgesprächen stellen die Schauspieler typische Szenen überzeichnet nach und lassen etwa einen Produktionsprozess karikaturistisch auf der Bühne lebendig werden. Die Zurufe vom Publikum führen dabei zu bizarren Handlungsverläufen - die bei Licht betrachtet aber oft den Kern des Problems zeigen und zu neuen, ungeahnten Lösungen führen. Auch der Unternehmensberater und Kabarettist Emil Herzog lässt die Betriebe Theater spielen, um verfahrene Situationen zu "entknorzen". In Herzogs Seminaren dürfen Manager auch einmal Drehbücher schreiben, die von anderen Seminarteilnehmern aufgeführt werden müssen. Dabei erleben die Manager zum Beispiel, wie unterschiedlich ihre Handlungsanweisungen interpretiert werden - möglicherweise eine stete Quelle für Missverständnisse im Betrieb. Darüber hinaus sollen die Manager den "eigenen Clown" entdecken und so zur "Intelligenz des Herzens" zurückfinden, wünscht sich Herzog. Der Kommunikationstrainer selbst sieht sich als "eine Art Bill Gates des Stolperns", der "mit System und Spass" das Unperfekte kultiviert und eingefrorene Organisationen zum Auftauen bringt. Allerdings könnte eine solche humoristische Betriebsberatung auch ein erhebliches anarchistisches Potential bergen: Wird etwa das Topmanagement im Rollenspiel der Lächerlichkeit preisgegeben, so leidet darunter zwangsläufig der Respekt vor der bisherigen Betriebshierarchie. Von den in Basel versammelten Humorexperten war solches freilich nicht zu befürchten. Schliesslich wissen sie als Unternehmensberater genau, dass sie letztlich vom Wohlwollen ihres jeweiligen Auftraggebers abhängen. Paul McGhee gibt denn auch selbstkritisch zu, dass er seine Worte bei den Humorseminaren mitunter sorgfältig wählen muss, um mögliche Konflikte zwischen Belegschaft und Geschäftsführung zu vermeiden. So dient die Humorberatung oft nur als Mittel zum Zweck, um gestresste Angestellte zu noch mehr Leistung zu motivieren. Die Spass-Revolution wird deshalb noch lange nicht ausgerufen - oder höchstens klammheimlich. Der Siegeszug des neuen Berufsbildes scheint jedenfalls kaum aufzuhalten: Die Basler Gesellschaft für Individualpsychologie bietet ab kommendem Januar einen "qualifizierten Lehrgang" zum Humorberater an. Neben Einführungen in "paradoxe Gesprächstechniken" oder den "Pinocchio-Komplex" stehen auch Seminarwochenenden zur "nonverbalen Humorarbeit" und zum "Reflexlachen" auf dem Programm. Ab Frühjahr 2000 darf dann diplomiert gelacht werden. |
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