Der Psychotherapeut Peter Cubasch ist von Haus aus Musik- und Atempädagoge. In dieser Disziplin wirkte er viele Jahre lang am Salzburger Mozarteum. Vor etwa 10 Jahren wollte es das Leben, wie er schreibt, dass er auf den »Weg des Lachens« stieß. In Indien machte er sich mit dem Lachyoga vertraut, der »mit Abstand lustigsten und heitersten Disziplin unter allen Yoga-Schulen« (S. 10). Was ihn als Musikpädagogen ganz besonders am Lachyoga fasziniert, ist die enge Beziehung zum Atmen: »Lachen kann spielerisch und spontan helfen, eine physiologisch richtige Atmung und einen gesunden Lebensstil wiederzufinden« (S. 127). In diesem Zusammenhang bezeichnet Cubasch das Lachen als »Tanz des Atems« (S. 125), denn das »freudige Zwerchfell« (S. 19) helfe jene seelischen und körperlichen Verspannungen aufzulösen, die den freien Fluss von Lebensenergie blockieren. Unter dieser Voraussetzung können auch gehemmte Emotionen und Gedanken ins Fließen kommen, was wiederum Voraussetzung dafür ist, dass sich positive psychologische, soziale und kommunikative Effekte einstellen können. Vor diesem Hintergrund entwickelte der Autor eine eigenständige Methode, das Lach- und Atemtraining, das unter anderem Elemente aus dem Sprech- und Stimmtraining, der Musik- und Bewegungserziehung, der Atemtherapie und (nicht zuletzt) dem Lachyoga integriert (S. 128). Das erklärte Ziel ist, mit dieser Methode Freude zu vermitteln, Lebensqualität zu erhalten, spielerische Lebendigkeit zu gewinnen, sozial-kommunikative Kompetenzen zu unterstützen und Empathie, Emotionalität und Expressivität weiterzuentwickeln. Cubasch denkt dabei auch und gerade an einsame und alte Menschen und an solche, die unter Depressionen leiden. Das wichtigste Medium, um alle Menschen ist das Lächeln und Lachen.
In seinem flüssig geschriebenen Buch vermittelt Cubasch sowohl die fundierenden Theorieelemente wie die praktischen Hinweise, die zum Verständnis dieser Methode gehören.
Dass das Lachen »heilsame Kraft und therapeutische Wirkung« (S. 99) besitzt, kann der Autor an amüsanten Beispielen aus der Weltgeschichte belegen. Im Anschluss (Kap. 20, 21) referiert er die Befunde der gegenwärtigen Lachforschung (Gelotologie), deren Eckpunkte er so definiert: Furcht verschwindet, Ärger löst sich in Nichts auf, eine depressive Stimmung vergeht (S. 103).
Die Theorievermittlung beginnt ebenfalls mit einem historischen Exkurs (Kap. 18) und nimmt sodann auf viele Essentials aus Philosophie, Medizin, Psychoanalyse Verhaltensforschung und Hirnforschung Bezug, ohne trocken oder realitätsfern zu sein. Der Leser bekommt so eine kompakte Einführung in das Gebiet der Humorforschung, die sich spannend liest.
So erfährt der Leser/die Leserin einiges über die Physiologie des Lachens: seine Akustik, Optik und Motorik. Auch in diesem Zusammenhang betont der Autor die Bedeutung der (Aus-)Atmung: »Lachen beginnt immer mit einer forcierten Ausatmung, der einige staccatoartige, meist vokalisierte Ausatmungsimpulse folgen, und es endet mit einer kräftigen, reflektorischen Einatmung« (S. 79). Auch über die mimischen Begleiterscheinungen gibt Cubasch erschöpfend Auskunft. So stehen dem Menschen 7.000 mimische Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung, an denen 43 Gesichtsmuskeln beteiligt sind. Beim Lachen werden aber lediglich 17 Muskeln in Anspruch genommen.
Wichtig erscheint mir die im 12. Kapitel vorgenommene Differenzierung zwischen Lachen, Witz und Humor. In Übereinstimmung mit der modernen Forschung interpretiert Cubasch den Humor als eine Charaktereigenschaft. »Eine humorvolle Person ist jemand, der Sinn für Humor hat und einen Perspektivenwechsel vollziehen kann und dadurch die Widersprüche, Ungereimtheiten und Absurditäten des Lebens aus einem anderen Winkel wahrzunehmen imstande ist« (S. 63). Dies wiederum geht mit einer heiteren Gestimmtheit einher, die ihrerseits Ausdruck von Daseinsfreude sowie der Fähigkeit zu Empathie und zwischenmenschlicher Freundlichkeit ist (S. 25). Unter dieser Voraussetzung kann sich Lachen am besten entfalten.
Witze sind demgegenüber ein umschriebenes intellektuelles Phänomen, das der Verbalisierung bedarf. Witze können den Zuhörer nur dann zum Lachen bringen, wenn dieser über die mentale Fähigkeit verfügt, die den inhärenten komischen Widersinn verstehen lässt. Doch das Lachen selbst entsteht jenseits der intellektuellen Sphäre. Es ist dem Menschen als eine Disposition angeboren und erscheint, zunächst »unterschwellig«, als ein Lächeln (S. 57), das die zwischenmenschliche Brücke »echoartig« aufbaut (S. 65). Lächeln und Lachen können grundsätzlich willentlich hervorgerufen werden, das heißt, »künstlich« oder »gezwungen« sein. So gibt es das Lachen der Verlegenheit und der Scham, der Beschwichtigung und der Unterwerfung. Doch der Übergang zum »echten« Lächeln oder Lachen (als Ausdruck von Freude) ist fließend und wird im Lachyoga gezielt genutzt.
Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Erwähnung der hirnphysiologischen Befunde, wie sie in jüngster Zeit von Barbara Wild in Tübingen erhoben wurden. Danach entsteht Lachen im neuronalen Verbund von drei Zentren, die in ganz unterschiedlichen Bereichen bzw. Komponenten des Gehirns angesiedelt sind. Dazu gehört die kognitive Komponente, die in einem stammesgeschichtlich neueren Hirnzentrum liegt, sowie die emotionalen und motorischen Komponenten, die in phylogenetisch viel älteren Zentren ihren Sitz haben. Über jede dieser Komponenten ist ein »Einstieg« (S. 115) in das Netzwerk des Lachens möglich. Wir können uns also einen Witz anhören (kognitive Komponente), der uns durch die kognitive Dissonanz seiner Pointe erheitert (emotionale Komponente) und schließlich zum Lachen bringt (motorische Komponente). Wir können aber auch, wie das im Lachyoga der Fall ist, die physiologischen Begleiterscheinungen des Lachens (motorische Komponente) so lange gezielt hervorrufen, bis wir in eine ausgelassene Stimmung (emotionale Komponente) gelangen und alles um uns herum als komisch empfinden (kognitive Komponente).
Im 7. Kapitel erfährt der Leser/die Leserin etwas über den Zusammenhang von glückseligen Emotionen, Schaffensfreude, Spiellust und Lachen (auch hier unter Hinweis auf neurobiologische Befunde). Und gleich im Anschluss daran zeigt der Autor, dass wir nicht zwanghaft glücklich sein müssen, wenn wir von Trauer erfüllt sind. Denn es gibt eine Zeit des Lachens und eine Zeit des Weinens, wie der Prediger Koholet sagt. Und es gibt auch die dunklen Seiten des Lachens, »wenn wir an hämisches, höhnisches, gehässiges, geringschätziges und abwertendes [...] Lachen denken« (S. 73).
Fazit: Ein lebendiges, sehr flüssig geschriebenes Buch, das wirklich alles beinhaltet, was diejenigen interessieren muss, die sich dem »heilsamen Lachen« verschrieben haben, also zum Beispiel Lachyoga betreiben wollen. Bereichernd wirken die vielen, mit großer Sorgfalt ausgewählten Fotos, die alle lachende oder lächelnde Gesichter zeigen. Der Autor möchte den Leser, die Leserin durch diese Bilder »anstecken«, zumindest innerlich zu lächeln oder zu schmunzeln. Nicht unerwähnt darf die CD bleiben, die dem Buch beiliegt. Cubasch hat sie zusammen mit der einfühlenden Wiener Schauspielerin Manuela Nedelko gestaltet: gut rhythmisiert zwischen Praxis und theoretischer Information. Dabei sind die hier enthaltenen Lächel-Meditationen sowie die Mimik-Sequenz in besonderer Weise berührend und beruhigend. Der Autor wünscht, dass gerade Menschen, die durch Krankheit und Bettlägerigkeit zu sozialer Isolation gezwungen sind, hiervon angesprochen bzw. zu einem Lächeln/Lachen angeregt werden. Die berührenden, aber auch ermutigenden Erfahrungsberichte von Menschen, die mit der von Cubasch entwickelten Methode gearbeitet haben, lassen den Leser spüren, dass Lachen tatsächlich heilt!
Michael Titze
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